Schauer von Lichtfunken am Nachthimmel: Verglühende Raketenteile leuchteten am frühen Morgen über Deutschland. Dabei handelte es sich um den Wiedereintritt eines Teils einer Falcon-9-Rakete des Raumfahrtunternehmens SpaceX in die Atmosphäre, wie ein Sprecher des Weltraumkommandos der Bundeswehr mitteilte. Die Rakete sei am 1. Februar in den USA gestartet und habe Starlink-Satelliten ausgesetzt.
Es gebe keine Erkenntnisse darüber, dass Trümmerteile auf Deutschland gefallen sein könnten, hieß es vom Weltraumkommando weiter. In Polen aber wird untersucht, ob ein Gegenstand auf einem Betriebsgelände zu der Rakete gehört. Ein Sprecher der örtlichen Polizei sagte der Nachrichtenagentur PAP, am Morgen hätten Mitarbeiter eines Unternehmens nahe der westpolnischen Großstadt Posen (Poznan) gemeldet, dass sie nach Arbeitsbeginn auf dem Betriebsgelände etwas entdeckt hätten, das einem geborstenen Tank aus Kunststoff ähnele.
Weltraumschrott bröselt auseinander
Die Himmelserscheinung sei über Deutschland teils fast zwei Minuten lang zu sehen gewesen, erklärte Hansjürgen Köhler von der UFO-Meldestelle CENAP. Ab 4.48 Uhr habe sein Telefon nicht mehr stillgestanden, weil so viele Leute ihm das Phänomen schilderten. Wenn Weltraumschrott in die Atmosphäre eintrete, dauere es länger, als wenn eine Sternschnuppe zu sehen sei. «Der bröselt dann auseinander und löst sich in Teile auf. Das sieht klasse aus, keine Frage.»
Von Hessen bis an die Nordsee gingen Sichtungen beim CENAP ein, dem wissenschaftlich arbeitenden Centralen Erforschungs-Netz außergewöhnlicher Himmels-Phänomene mit Sitz im südhessischen Lützelbach. Die Leuchtstreifen seien dabei immer von West nach Ost über den Himmel gezogen.
«Das war schon irgendwie phänomenal.»
Ein Mann aus dem hessischen Lichtenfels berichtete im Sender hr3, er sei gerade auf dem Feld beim Düngen gewesen, als er das Himmelsphänomen sah. «Das sah aus wie ein Science-Fiction-Film eigentlich eher - dass die Aliens landen.» Etwas Vergleichbares habe er noch nie beobachtet. «Da hat sich was zerteilt, es haben Streifen geglüht, in Weiß und Rot und Orange, und dann ist es so langsam am Horizont verschwunden. Das war schon irgendwie phänomenal.»
Zahlreiche Menschen haben wegen der ungewöhnlichen Lichterscheinungen in der Nacht auch die Polizei angerufen. Ein Anrufer aus Bautzen in Sachsen etwa habe von «etwas Hellem am Himmel» oder einem «Lichtball» berichtet, sagte ein Sprecher der Polizeidirektion in Görlitz. Sprecher der Polizeiinspektionen Magdeburg, in Stendal und in Brandenburg sagten, die Anrufer hätten sich nach den Himmelerscheinungen erkundigt. Schäden seien nicht bekannt.
Falcon-9-Raketen starten häufig
Derzeit lässt das Raumfahrtunternehmen SpaceX von Tech-Milliardär Elon Musk alle paar Tage Falcon-9-Raketen starten. Bei der Falcon 9 wird die erste Raketenstufe - der sogenannte Booster - wieder gelandet. Die zweite Raketenstufe verglüht in der Atmosphäre. Bis diese wieder in die Erdatmosphäre eintritt, kann einige Zeit vergehen, auch Wochen.
Nach Angaben des Weltraumkommandos der Bundeswehr können diese Raketenstufen über allen möglichen Orten der Welt verglühen - häufig passiere das über dem Meer und werde deswegen kaum bemerkt. Die in der Nacht sichtbare Raketenstufe sei irgendwo über Nordirland oder Großbritannien in die Atmosphäre eingetreten, und deswegen auch von Deutschland aus sichtbar gewesen.
Raketenteile kommen nur sehr selten unten an
«Es ist sehr, sehr selten, dass etwas den Wiedereintritt und das Verglühen übersteht», sagte ein Sprecher des Weltraumkommandos. Deswegen komme es auch so gut wie nie vor, dass solche Raketenteile auf der Erde einschlügen. Es sei nun auch nicht zu erwarten, dass alle paar Tage so ein Schauspiel am Himmel über Deutschland auftrete, denn meistens kämen die Raketenteile eben woanders runter.
In Polen sind laut Polizei nun Polizeibeamte und Feuerwehrleute, unter anderem von der pyrotechnischen Aufklärungsgruppe, vor Ort im Einsatz. «Wir wissen, dass Trümmerteile einer Falcon-Rakete über Polen geflogen sind, aber ob dies ein Teil davon ist - das können wir im Moment nicht bestätigen», sagte ein Sprecher. Die Polnische Weltraumagentur Polsa informierte ebenfalls über den Eintritt eines vier Tonnen schweren Falcon-9-Raketenteils in den polnischen Luftraum.
120 Anruferinnen und Anrufer
Köhler von CENAP erklärte, im vergangenen Jahr seien sowohl im Frühjahr als auch im Herbst jeweils ähnliche Beobachtungen gemacht worden. «Weltraumschrott gibt es da oben genug», sagte er. «Diese Teile kommen immer irgendwann wieder zurück, aber sie können erst einmal jahrelang dort oben sein - irgendwann werden sie von der Schwerkraft angezogen.»
Ein Mann aus Norddeutschland habe ihm geschildert, er habe in der vergangenen Nacht sogar seinen Morgenkaffee verschüttet, als er das Leuchten sah, erinnert sich Köhler. Andere seien beim Autofahren auf dem Weg zur Arbeit überrascht worden. «Manche dachten auch, bei uns sei Krieg ausgebrochen.» Bis zum Vormittag hatten sich schon etwa 120 Anruferinnen und Anrufer bei CENAP gemeldet.