Ukraine: Sicherheitskreise erwarten langsamen russischen Vormarsch

Ukraine: Sicherheitskreise erwarten langsamen russischen Vormarsch
Sicherheitskreise erwarten, dass Russland in der Ukraine weiter "in kleinen Schritten" Gelände gewinnen wird. Wie die FAS schreibt, werden für die absehbare Zukunft allerdings keine "tiefen Durchbrüche" erwartet. Vor diesem Hintergrund debattieren Fachleute im Augenblick über einen möglichen Waffenstillstand und internationale Truppen zu seinem Schutz. Nach Schätzungen aus Sicherheitskreisen bezahlt die russische Armee ihr Vordringen zwar einerseits mit hohen Verlusten - 1.000 bis 1.500 Tote und Verletzte jeden Tag.
Andererseits dürften die Ausfälle aber auf lange Sicht geringer sein, weil etwa drei Fünftel davon später wieder eingesetzt werden könnten. Zugleich gelinge es Russland, jeden Monat 30.000 neue Soldaten aufzustellen, sodass das Militär jährlich um 150.000 Personen wachse. Man erwartet deshalb nicht, dass Präsident Wladimir Putin bald "die Soldaten ausgehen" werden. Andererseits glauben die Quellen der FAS aber nicht, dass Russland zu "tiefen Durchbrüchen" in der Lage ist. Dafür fehlten "im Augenblick" die Personalreserven. Deshalb sei damit zu rechnen, dass der Krieg noch lange dauern könnte. Vor diesem Hintergrund haben führende Fachleute in Gesprächen mit der FAS ihre Auffassungen von einem künftigen Waffenstillstand und der möglichen Rolle internationaler Friedenstruppen dargelegt. Wolfgang Ischinger, Präsident des Stiftungsrats bei der Münchener Sicherheitskonferenz, erläuterte, dass über "zwei Modelle" diskutiert werde. Das erste wäre eine "Friedenstruppe zum Schutz der Kontaktlinie". Sie müsste ein "internationales Mandat" haben, sowie "Klauen und Zähne", um Angriffe abwehren zu können. Weil so eine Truppe aber eine Front von vielen hundert Kilometern sichern müsste, wären dafür 50.000 bis 100.000 Soldaten nötig, und neben Europäern müssten auch Länder wie China oder Indien "eine Rolle" bekommen. Allerdings gibt es Bedenken. Ben Hodges, ehemals "Commanding General" der US-Streitkräfte in Europa, wandte ein, so eine Truppe werde nicht nur 100.000 Soldaten, sondern vielleicht das Doppelte erfordern, und am Ende werde sie doch nur Russlands Eroberungen "zementieren". Außerdem sei es eine "schreckliche Idee", dass China in Europa "Fuß fassen" könnte. Deshalb wird auch über ein anderes Modell diskutiert. Hier würden internationale Truppen nach einem Waffenstillstand nicht an der Front aufgestellt, sondern im ukrainischen Hinterland. Ischinger spricht in diesem Zusammenhang von einer "westlichen Abschreckungstruppe" von zwanzig- bis dreißigtausend Personen. Nico Lange, ehemals Leiter des Leitungsstabs im deutschen Verteidigungsministerium, berichtet, für dieses Modell zeichne sich in den Diskussionen in Europa und Amerika ein "dreiteiliges System" ab: Erstens würde nach einem Waffenstillstand die Ukraine mit ihrer eigenen Armee die "Frontlinie" sichern. Zweitens könnte ein "europäisches Abschreckungspotential" weiter hinten stehen. "Drittens: Die Amerikaner geben Unterstützung, weil es ohne sie nicht glaubwürdig ist." Ganz ähnlich klingt Kurt Volker, Trumps Ukraine-Beauftragter aus dessen erster Amtszeit. Er setzt auf eine "deterrent force", also eine Abschreckungsmacht, in deren Rahmen europäische Truppen "weiter hinten" Stellung beziehen könnten. Wie so eine Abschreckungsmacht aussehen würde, analysiert General Hodges. Seiner Ansicht nach müsste sie so stark sein, dass Russland verstehe: "Diese Truppe kann Vergeltung üben." Dafür brauche man eine "reelle, ernsthafte, tödliche Streitmacht". Andernfalls würden die Russen die Truppe "schon in den ersten Tagen testen". Ischinger merkt an, so etwas sei nur möglich, wenn die USA mitmachten. Wenn nur Europäer dabei wären, könne das "ins Desaster führen", denn Putin könne dann darauf spekulieren, "dass Trump die Europäer nicht wirklich schützen würde". Er könnte versucht sein, "so eine Truppe anzugreifen, um die Nato zu spalten". Um das zu verhindern, müssten die USA "so eingebunden sein, dass Putin weiß: Washington würde einen Angriff auf diese Truppe als Angriff auf Amerika betrachten."