Streit im Bezirksamt Berlin-Neukölln über Rechtsextremismus-Bericht

Streit im Bezirksamt Berlin-Neukölln über Rechtsextremismus-Bericht

Im Bezirksamt des Berliner Bezirks Neukölln gibt es Streit über einen Rechtsextremismusbericht, der am 20. März veröffentlicht wurde. Das Bezirksamt hat den Bericht inzwischen wieder offline genommen, wie die "taz" berichtet. Jugendstadträtin Sarah Nagel (Linke), die für den Bericht verantwortlich war, sagte der Zeitung, dass es "Differenzen" über das Schriftwerk gebe. Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) ließ über einen Sprecher erklären, dass der Bericht derzeit überarbeitet werde und deshalb nicht mehr auf der Bezirks-Website verfügbar sei. Die Bezirks-CDU übt dagegen offen Kritik an dem Bericht.

Dieser enthalte "methodische Mängel" und "völlig inakzeptable Forderungen nach Abschaffung der Sicherheitsbehörden" sowie "unanständige Angriffe" auf die Polizei, sagte der CDU-Kreisvorsitzende Falko Liecke der "taz". In dem Bericht werden Neuköllner Initiativen zitiert, welche die Ermittlungsarbeit der Polizei zu der Anschlagsserie scharf kritisieren. Eine der Gruppen fordert auch die Abschaffung des Verfassungsschutzes. Dem Bündnis Neukölln, das ebenfalls im Bericht zitiert wird, wirft die CDU vor, dass dort auch Linksextreme mitwirken. "Ein Bezirksamt kann aber doch keinen Bericht mit extremistischen Akteuren verfassen und sich deren Argumente zu eigen machen", sagte Liecke der "taz". "Das überschreitet alle Grenzen." Die CDU wirft Nagel vor, den Bericht unabgestimmt veröffentlicht zu haben.

Sie missbrauche ihr Amt für "politische Agitation", kritisiert Liecke. Die CDU-Bezirksfraktion stellte inzwischen einen Missbilligungsantrag gegen Nagel und einen Antrag auf eine Sondersitzung der Bezirksverordnetenversammlung. Diese soll am 14. Mai stattfinden. Jugendstadträtin Nagel widerspricht der Kritik. Die Aussagen der Initiativen seien im Bericht klar als solche erkennbar, sagte sie der "taz". Auch sei es der Auftrag gewesen, die Initiativen selbst zu Wort kommen zu lassen. "Wir können diese ja schlecht im Bericht zensieren." Dem Missbilligungsantrag und der Sondersitzung sehe sie gelassen entgegen, so Nagel. "Ich bin nur meinen Aufgaben nachgekommen." Laut "taz" gibt es aber auch rechtliche Bedenken im Bezirksamt, ob die Nennung der AfD im Bericht mit der staatlichen Neutralitätspflicht des Bezirksamts vereinbar ist.

Auch hier verteidigt Nagel ihren Bericht. "Die AfD ist eine in Teilen rechtsextreme Partei, die in Neukölln Kontakte in die rechtsextreme Szene hat. Es ist daher schwer vorstellbar, einen Bericht zu Rechtsextremismus in Neukölln zu machen und die AfD nicht zu erwähnen", sagte Nagel der "taz". Auch ein Bezirksamt müsse rechtsextreme Gefahren benennen, wenn diese vorliegen, so die Linken-Politikerin.

"Und wenn diese von der AfD ausgehen, dann darf auch das nicht verschwiegen werden." In Neukölln ereignete sich ab 2016 eine Serie rechtsextremer Straftaten: Es gab Brandstiftungen an Autos, eingeworfene Fensterscheiben oder Graffitis mit Drohungen. Die Bezirksverordnetenversammlung hatte deshalb bereits 2017 einen Bericht des Bezirksamts zu rechtsextremen Aktivitäten in Neukölln eingefordert. Im Berliner Abgeordnetenhaus läuft ein Untersuchungsausschuss zu der Gewaltserie.