Sommerzeit ist Reisezeit und viele Menschen entscheiden sich, mit dem eigenen Auto ins Ausland zu fahren. Unterschiedliche Verkehrsregeln, Mautgebühren und Umweltzonen – das Autofahren in einem fremden Land bringt einige Herausforderungen mit sich. Wenn man dann auch noch einen Unfall hat, können die schönsten Wochen des Jahres schnell zum Debakel werden. ARAG Experte Jan Lukas Kemperdiek, Fachanwalt für Verkehrsrecht, gibt wichtige Tipps, damit Urlauber sicher und stressfrei unterwegs sind.
Welche Vorbereitungen sollte man treffen, wenn es mit dem Auto in den Urlaub geht?
Jan Lukas Kemperdiek: Wer mit dem Auto in den Urlaub fährt, sollte dafür sorgen, dass nicht nur die Insassen, sondern auch das Fahrzeug topfit ist. Daher rate ich zu einem umfassenden Technik-Check, am besten beim Fachmann. Wer die Kontrolle selbst übernehmen möchte, sollte den Ölstand prüfen und zur Sicherheit passendes Ersatzöl auf die Reise mitnehmen. Das gleiche gilt für die Kühl- und Wischflüssigkeit. Auch hier sollten die Pegelstände stimmen und eine Reserve für die Fahrt eingepackt werden. Auch der Reifendruck ist wichtig und muss an die Beladung des Fahrzeugs angepasst werden, am besten, wenn die Reifen kalt sind. Ein Blick sollte auch der Beleuchtung gelten, dabei Bremslicht und Blinker nicht vergessen. Und dann sollte der Verbandskasten auf Vollständigkeit und Ablaufdatum überprüft werden. Zur weiteren Ausrüstung gehören Warndreieck, Warnweste, Wagenheber und das das wichtigste Bordwerkzeug.
Welche Dokumente und Versicherungen sind im Ausland wichtig?
Jan Lukas Kemperdiek: Vor der Reise sollten Urlauber sicherstellen, dass sie alle notwendigen Dokumente dabeihaben, möglichst zusätzlich als Kopie, falls Ersatzpapiere beschafft werden müssen. Dazu gehören der Führerschein, die Zulassungsbescheinigung Teil I (Fahrzeugschein) und die sogenannte „Internationale Versicherungskarte für den Kraftverkehr“, kurz „Grüne Karte“. Sie weist eine bestehende Kfz-Versicherung im Ausland nach und kann bei der eigenen Kfz-Versicherung beantragt werden. In einigen Ländern muss sie sogar bei Einreise vorgelegt werden. Da die „Grüne Karte“ wichtige Informationen über den Halter und die Versicherung des Fahrzeugs enthält, kann sie die Regulierung eines Schadens im Ausland deutlich vereinfachen.
Und auch, wenn man sich den worst case gar nicht ausmalen möchte: Selbst bei bester Vorbereitung kann es zu Unfällen oder Pannen kommen. Urlauber sollten sich daher vorab über die Notrufnummern des jeweiligen Landes informieren. In vielen europäischen Ländern gilt die 112 als einheitliche Notrufnummer. Zudem kann es auch hilfreich sein, die Adressen von Werkstätten und Krankenhäusern entlang der Route zu notieren.
Apropos worst case: Was ist, wenn der Unfall passiert ist?
Jan Lukas Kemperdiek: Die wichtigste Regel lautet: Auf keinen Fall ein Schuldanerkenntnis abgeben. Stattdessen sollten betroffene Urlauber die Polizei rufen. Ist das gegnerische Fahrzeug im Ausland zugelassen, sollte man auch nach der Grünen Karte des Unfallgegners fragen. Dann geht es an die Dokumentation des Unfalls. Dazu sollten Unfallstelle und alle relevanten Details fotografiert werden und in einem Unfallprotokoll das Kennzeichen des Unfallgegners, dessen Herkunftsland sowie Schadenstag und -ort festgehalten werden.
Dazu können Betroffene auf den Europäischen Unfallbericht zurückgreifen; er ist in mehreren Sprachen kostenlos im Internet verfügbar oder wird Kunden auch von Versicherungen angeboten. Er kann sogar in Großbritannien genutzt werden. Achtung: In manchen Ländern gilt der Inhalt der von den Beteiligten ausgestellten Unfallmitteilung als bewiesen. Unterschreiben Sie daher nur, womit Sie auch einverstanden sind.
Die eigene Autohaftpflichtversicherung muss spätestens innerhalb einer Woche informiert werden, egal, wer auf den ersten Blick für den Unfall verantwortlich ist. Ich rate ohnehin, die Schadensregulierung in die eigenen Hände zu nehmen. Das müssen Urlauber nicht direkt während des Urlaubs machen, sondern können dies nach ihrer Rückkehr von zu Hause aus tun. Über den "Zentralruf der Autoversicherer" unter der bundeseinheitlichen Nummer 0800 – 250 260 0 beziehungsweise +49 40 300 330 300 aus dem Ausland gelangen Urlauber in Kontakt mit der Versicherung des Unfallgegners. Spätestens jetzt ist es nützlich, alle oben genannten Unterlagen parat zu haben.
Andere Länder, andere Sitten: Woher weiß ich, welche Verkehrsregeln gelten?
Jan Lukas Kemperdiek: Je nach Reiseland gibt es einige Besonderheiten in der Verkehrswelt zu beachten. So sind beispielsweise in Frankreich Alkoholtester im Auto Pflicht. Außerdem müssen Urlauber eine reflektierende Warnweste und ein Warndreieck mitführen. Kinder unter zehn Jahren dürfen nur auf dem Rücksitz transportiert werden. In Italien gibt es in vielen Städten eine sogenannte „Zona Traffico Limitato“ (ZTL), in die nur Fahrzeuge mit spezieller Genehmigung einfahren dürfen. Ersatzreifen und das notwendige Werkzeug zum Reifenwechsel müssen Urlauber in Spanien stets mitführen. Zudem gilt dort ein generelles Überholverbot für Lkw auf Landstraßen. Diese Liste ließe sich endlos fortführen. Am besten informiert man sich über seine Destination beim Auswärtigen Amt. Dort finden Urlauber Infos etwa zu Tempolimits, Promillegrenzen sowie weiterführende Links.
Wie sieht es mit Mautgebühren und Umweltzonen aus?
Jan Lukas Kemperdiek: In vielen Ländern Europas gibt es Mautgebühren für die Benutzung von Autobahnen, Schnellstraßen, Tunneln oder Brücken. Auch hier ist es ratsam, sich vor der Abfahrt zu informieren, ob und wie man diese Gebühren entrichten muss. Ich würde es auch hier zunächst beim Auswärtigen Amt versuchen oder mich an die jeweiligen offiziellen Tourismusseiten des Reiseziels wenden. In Frankreich und Italien beispielsweise werden die Gebühren an Mautstationen bezahlt, in Österreich und der Schweiz benötigt man Vignetten, die vor Reiseantritt gekauft werden sollten. Zusätzlich haben einige Städte Umweltzonen eingeführt, die nur mit einer entsprechenden Plakette befahren werden dürfen. Auch diese Plaketten sollten Urlauber rechtzeitig vor der Reise besorgen.
Gibt es sonstige Tipps, die Sie Urlaubern mit auf den Weg geben können?
Jan Lukas Kemperdiek: Auf jeden Fall! Wer im Ausland ein Knöllchen kassiert, kommt unter Umständen nicht an der Bußgeldzahlung vorbei. Denn rechtskräftige Bußgeldbescheide aus anderen Staaten der Europäischen Union können ab einer Bagatellgrenze von 70 Euro in Deutschland vollstreckt werden. Da die Bußgelder im Ausland oft wesentlich höher als in Deutschland ausfallen, kann dieser Schwellenwert auch bei einem harmlosen Parkverstoß erreicht sein. Lautete der Bußgeldbescheid also zum Beispiel auf 40 Euro, kann er gleichwohl in Deutschland vollstreckt werden, wenn Verfahrenskosten von 30 Euro dazukommen. Mein Tipp: Wer schnell zahlt, kann in manchen Ländern bis zur Hälfte des Bußgeldes sparen.
Eine Pressemitteilung der Firma:
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