Schleppende Aufklärung von Betrug bei Corona-Schnelltests

Schleppende Aufklärung von Betrug bei Corona-Schnelltests
Die Aufklärung des massiven Betrugs bei der Abrechnung von Corona-Schnelltests kommt kaum voran. Lediglich 57,9 Millionen Euro des mutmaßlichen Milliardenschadens wurden bisher von den Testbetreibern an den Bund zurückgezahlt, geht aus einer Übersicht hervor, die die Kassenärztliche Bundesvereinigung am 20. Dezember 2024 an das Bundesgesundheitsministerium verschickt hat und über die die "Welt" (Dienstagausgabe) berichtet. Der Betrag ist nur ein Bruchteil der geschätzten Schadensumme: Das "Deutsche Steuerzahlerinstitut" - das Forschungsinstitut des Lobbyverbands "Bund der Steuerzahler" - schätzt die Summe auf 1,5 bis zwei Milliarden Euro. Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung variieren die Rückzahlungen der Bundesländer stark. So zahlte allein Baden-Württemberg rund 32 Millionen Euro zurück, mehr als die Hälfte der Gesamtsumme.
Danach folgte Bayern mit 3,9 Millionen und das Saarland sowie Rheinland-Pfalz mit je 3,5 Millionen. Acht Bundesländer überwiesen weniger als eine Million Euro. Mehrere Kassenärztliche Vereinigungen teilten laut der "Welt" mit, dass zahlreiche Klageverfahren und staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren bislang noch nicht zum Abschluss gekommen seien. Viele Teststellenbetreiber befänden sich nicht mehr in Deutschland oder seien in laufenden Insolvenzverfahren. Zudem seien die "internen Ressourcen" zur Abrechnungsprüfung begrenzt, heißt es etwa aus der KV Thüringen. Experten weisen allerdings darauf hin, dass die laufenden Verfahren nicht der einzige Grund sein dürften, warum es mit der Aufklärung und Rückerstattung der Betrugssummen so langsam vorangeht. "Die Kassenärztlichen Vereinigungen scheuen natürlich den Prüfaufwand", sagte Matthias Warneke, wissenschaftlicher Leiter des "Deutschen Steuerzahlerinstituts". Tatsächlich gibt es für die KVen keinen finanziellen Anreiz für die mühsame Detektivarbeit: Das Geld, das sie von den Testbetreibern zurückholen sollen, fließt komplett an den Bund. So ist auch die Zahl der Strafanzeigen, die die Kassenärztlichen Vereinigungen gestellt haben, im Verhältnis zu den zwischenzeitlich mehr als 20.000 Testzentren eher gering, berichtet die "Welt" unter Berufung auf eine eigene Umfrage bei den KVen in den Bundesländern. So erstattete etwa Bayern 79 Mal Anzeige, Hessen 63 Mal, Niedersachsen 44 Mal, Baden-Württemberg 41 Mal, die KV im Bereich Nordrhein 40 Mal, Sachsen-Anhalt 21 Mal, Thüringen 13 Mal und Bremen zwölf Mal. Warneke kritisierte, dass abgesehen von politischen Lippenbekenntnissen bislang "nicht viel passiert" sei. Seine Forderung: "Das Bundesgesundheitsministerium könnte den KVen die Nachprüfung massiv erleichtern, wenn es mit eigenen Datenanalysen systematisch nach Betrugsindizien sucht." Dann könnten die Kassenärztlichen Vereinigungen gezielt Teststellenbetreiber konfrontieren und entsprechende Rückzahlungen einfordern. Dafür gebe es nachweislich effiziente Softwaremethoden. "Bund und Länder müssten es nur wollen", sagte Warneke. "Aber leider herrscht eher eine `Schwamm-drüber`-Mentalität." Kritik kommt auch aus der FDP. "Es ist unbegreiflich, dass angesichts eines enormen Schadens für den Steuerzahler, der bis zur Milliarde gehen könnte, bisher nur eine vergleichbar winzige Summe zurückgeholt wurde", sagte Karsten Klein, FDP-Obmann im Haushaltsausschuss und bayerischer Landesgruppenchef der FDP-Bundestagsfraktion. Die Aufarbeitung des massiven Betrugs durch Testbetreiber müsse von Minister Lauterbach "endlich zur Chefsache" gemacht werden. "Noch können Betrüger ausfindig gemacht werden - wenn nur engagiert genug nach ihnen gesucht wird." Weiter forderte der Haushaltspolitiker: "Karl Lauterbach muss umgehend überprüfen, wie umfassend die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Bundesländer nach Testbetrügern suchen." Dies gelte umso mehr, als dass beide nicht vom Ermittlungserfolg profitieren und der Schaden allein zulasten des Bundes geht. "Aufgrund des fehlenden Anreizes dürfte sich deren Aufklärungsinteresse daher in Grenzen halten", so Klein.

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