Die geplante Verwaltungsreform in Berlin ist einen wichtigen Schritt vorankommen. Nach langer Vorarbeit beschloss der Senat zur Umsetzung einstimmig ein Gesetzespaket und einen Vorschlag für Verfassungsänderungen, wie der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) mitteilte.
«Berlin schreibt heute Zukunft», sagte er. «Wir schaffen mit dieser Verwaltungsreform klare Zuständigkeiten, klare Strukturen und klare Verantwortlichkeiten.» Damit würden die Weichen für eine Verwaltung gestellt, die ihren Zukunftsaufgaben gewachsen sei.
Kein «Behörden-Pingpong» mehr
Die Reform zählt zu den zentralen Vorhaben der schwarz-roten Koalition in dieser Legislaturperiode. Ziel ist, die Aufgabenverteilung zwischen Senat und Bezirken klarer zu regeln. Dadurch soll das in Berlin oft beklagte «Behörden-Pingpong» aufhören, also das Hin- und Herschieben von Zuständigkeiten zwischen unterschiedlichen Teilen der Verwaltung.
Behörden sollen mehr die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger, aber auch der Wirtschaft in den Mittelpunkt ihres Handelns stellen.
Nach dem Senatsbeschluss beginnen die Beratungen im Abgeordnetenhaus. Dort – so der Plan – soll die Reform am 10. April in erster Lesung beraten und noch vor der Sommerpause endgültig beschlossen werden. Anfang 2026 soll das Paket in Kraft treten.
Gesetze und Verfassungsänderungen
Kern der Reform ist ein Gesetzespaket mit einem Landesorganisationsgesetz. Es enthält unter anderem Regelungen zu Aufgaben und Zuständigkeiten der Landes- und der Bezirksebene. Geplant ist auch eine sogenannte Einigungsstelle, die bei Konflikten zwischen Landes- und Bezirksebene eine Lösung finden soll.
Zudem sind mehrere Änderungen der Landesverfassung geplant. So soll dort das sogenannte Konnexitätsprinzip verankert werden: Der Senat muss also für Aufgaben, die die Bezirke erfüllen müssen, die nötigen Mittel zur Verfügung stellen.
Geändert werden sollen Formulierungen in der Verfassung zum Eingriffsrecht des Senats in bezirkliche Aufgaben. Zugleich soll sichergestellt werden, dass die Bezirke bei Vorhaben frühzeitig eingebunden werden müssen. Zukünftig werden alle rund 4.500 Aufgaben der Berliner Verwaltung in einem einheitlichen Katalog dargestellt, der noch in Arbeit ist. Auch hierzu ist eine Verfassungsänderung notwendig.
Wegner sieht «großen Wurf»
Wegner verwies darauf, dass sich in den vergangenen Jahrzehnten schon etliche Parteien und Politiker an einer solchen Reform versucht haben – am Ende vergeblich. Nun sei eine historische Chance zur Umsetzung da, die es zu nutzen gelte. Und das Ganze sei keine kleine Reform, sondern ein «großer Wurf», sagte Wegner. «Berlin bekommt kein Update, sondern ein neues Betriebssystem».
Wegner hatte nach dem Start von Schwarz-Rot 2023 neben dem Koalitionspartner SPD und den Bezirken auch Grüne und Linke in den Vorbereitungsprozess für die Reform eingebunden. Mindestens eine der beiden Oppositionsfraktionen braucht die Koalition für Verfassungsänderungen, weil dazu eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Abgeordnetenhaus nötig ist.
Grüne und Linke wollen reden
Gestern hatten Grüne und Linke neuen Gesprächsbedarf angemeldet. Grund: Sie sehen in dem nun gefassten Senatsbeschluss frühere Verabredungen zur Aufgabenverteilung zwischen Land und Bezirken verletzt. Außerdem monierten sie Formulierungen zu den Kompetenzen der Einigungsstelle und zum Konnexitätsprinzip.
Umstritten ist zum Beispiel, ob der Senat eine Lösung, die in der Einigungsstelle gefunden wurde, überstimmen darf. Hier hatte auch die SPD vor einigen Tagen noch Änderungswünsche. Im Senatsbeschluss steht, dass in «gewichtigen und begründbaren Einzelfällen» der Senat die letzte Entscheidung trifft.
Neues Spitzentreffen geplant
Wegner sprach angesichts der Wortmeldung von Grünen und Linken von einem ganz normalen Vorgang im Zuge der anstehenden Beratungen im Landesparlament. «Ich gehe davon aus, dass wir zu einem guten gemeinsamen Ergebnis im parlamentarischen Verfahren kommen», sagte er. Schließlich eine alle Beteiligten das Ziel, eine solche Reform hinzubekommen.
Er sei dazu mit der demokratischen Opposition immer im Gespräch gewesen, und das bleibe auch so. Wegner kündigte in dem Zusammenhang eine neue Spitzenrunde mit Vertretern der Bezirke, Parteien und Fraktionen an für April oder Anfang Mai an. «Mir ist wichtig, dass wir jetzt nicht auseinandergehen, sondern zusammenbleiben wie in den letzten zwei Jahren.»
Verbände mahnen
Grünen-Fraktionschef Werner Graf erklärte: «Die Verwaltungsreform wird nur als gemeinsames Projekt gelingen.» Die Industrie- und Handelskammer (IHK) sowie mehrere andere Verbände mahnten, im Tempo bei der Reform nicht nachzulassen.
«Insbesondere die Chance auf eine richtungsweisende Verfassungsreform darf jetzt nicht Opfer von Vorwahlkampf-Taktiken der Opposition oder gar der Koalitionsfraktionen werden», sagte IHK-Präsident Sebastian Stietzel.