Die Grünen zeigen sich empört über die Ankündigung der Union, das von der Ampel-Regierung auf den Weg gebrachte sogenannte Kritis-Dachgesetz nicht zu unterstützen. "Dass die Union trotz krassester Bedrohungslagen und zahlreicher Anschläge auf unsere kritischen Infrastrukturen in den vergangenen Monaten aus parteitaktischen Überlegungen eine Fundamentalopposition einnimmt, ist schlicht unverantwortlich. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es zu weiteren Attacken kommt", sagte Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz der "Welt" (Montagausgabe).
Das Gesetz soll den Schutz kritischer Infrastrukturen regeln - etwa in der Energieversorgung, Telekommunikation oder dem Transportwesen.
Zuletzt hatte der mutmaßliche Anschlag auf zwei Unterseekabel in der Ostsee die Debatte um den Schutz von Telekommunikations- und Energieversorgungsnetzen neu entfacht.
SPD, Grüne und FDP hatten nur wenige Stunden vor dem Koalitionsbruch am 6. November den Entwurf für das Kritis-Dachgesetz verabschiedet. Nach dem Rückzug der FDP-Minister hat die Scholz-Regierung im Bundestag aber keine Mehrheit mehr.
Der Unions-Fraktionsvize Thorsten Frei hatte der "Welt am Sonntag" angekündigt, das Gesetz nicht mittragen zu wollen. Von Notz zeigte sich darüber entsetzt. "Der heutige Schutz unserer kritischen Infrastrukturen ist grottenschlecht", warnte der Grünen-Politiker.
"Das nutzen die Diktatoren dieser Welt ebenso gezielt wie schamlos aus. Die Lebensadern unserer Demokratie werden derzeit von gleich mehreren autoritären Staaten massiv attackiert. Wie real die Bedrohungslagen sind, haben uns die letzten Tage noch einmal schmerzhaft vor Augen geführt", so von Notz weiter.
Es gebe Themen, die zu wichtig seien, um sie Wahlkampfüberlegungen unterzuordnen, findet der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, das die Nachrichtendienste des Bundes kontrolliert. "Wer Parteipolitik derart vor das Wohl des Landes stellt, wie die Union es tut, der offenbart, dass er nicht regierungsfähig ist", kritisierte von Notz.
"Die jetzige Komplettverweigerung widerspricht auch allen Signalen, die uns hierzu bislang aus der Union erreicht haben." Von Notz sagte weiter: "Es ist sicherheitspolitisch schlicht inakzeptabel, den Kritis-Schutz gesetzgeberisch nun monatelang liegen zu lassen. Die Warnungen unserer Sicherheitsbehörden könnten klarer nicht sein."
Auch die Erwartungshaltung von Unternehmerverbänden und Kritis-Betreibern sei glasklar. Sie hätten alle entsprechenden Abteilungen aufgebaut und würden dringend auf die Gesetzgebung warten. "Ich fordere die Union mit Nachdruck auf, ihre jüngste Positionierung grundlegend zu überdenken und ihren Teil dazu beizutragen, die Wehrhaftigkeit unseres Lands gegenüber Angriffen aus Russland und China gemeinsam zu verbessern. Alles andere wäre verheerend für die Sicherheit unseres Landes", so von Notz.