Parteiaustritt – Elder Statesman verlässt die FDP: Helmut Schäfer kehrt der FDP den Rücken. Der langjährige Staatsminister im Auswärtigen Amt erklärte zum Jahreswechsel FDP-Parteichef Christian Lindner seinen Parteiaustritt. Das teilte Schäfers Büro am Donnerstag dem Berliner-Sonntagsblatt mit.
Als Grund für seinen Parteiaustritt nennt Schäfer „schwere Versäumnisse der Parteiführung". „Die heutige FDP-Spitze hat die Außenpolitik der Ära Genscher weitestgehend vergessen. Dabei hat gerade diese Außenpolitik entscheidend zur Beendigung des Kalten Krieges, zu den Abrüstungsverträgen mit Russland und damit zur deutschen Wiedervereinigung und zum Frieden in Europa beigetragen. Sie war über Jahrzehnte hinweg Schwerpunkt liberaler Politik und wichtiger Garant für den Erfolg der FDP", so Helmut Schäfer.
Der ehemalige Staatsminister warf der Partei- und Fraktionsführung der FDP vor, in der jetzt zerbrochenen Ampelkoalition die Verantwortung für die Außenpolitik an die Grünen abgetreten und damit „in denkbar unerfahrene Hände" gegeben zu haben. „Bei der aktuellen Parteiführung der FDP drängt sich längst der Eindruck auf, mit Außenpolitik nichts mehr anfangen zu können oder sie allein einer Frau Strack-Zimmermann zu überlassen", so Helmut Schäfer.
Es sei außerdem wichtig, dass sich die FDP wieder auf ihre liberalen Grundwerte und auf ihre Kernkompetenzen konzentriere. Für Schäfer steht fest: „Die Menschen sehnen sich nach einer liberalen Partei, die offensiv gegen Bevormundung, Gängelung und ideologisch verbrämte Engstirnigkeit eintritt, vor allem aber sich energischer für die Einhaltung der im Grundgesetz garantierten Meinungsfreiheit einsetzt. Nur wenn es gelingt, das glaubhaft deutlich zu machen, haben die Liberalen überhaupt noch einmal eine Chance, das Vertrauen der Menschen bei der kommenden Bundestagswahl zurückzugewinnen. Damit das erreicht wird, müsste sich die Partei allerdings wohl in weiten Teilen neu erfinden."
Politische Stationen und Schwerpunkte Helmut Schäfers
Der 91-jährige Schäfer war 60 Jahre lang Mitglied der Freien Demokratischen Partei. Er gehörte dem Bundestag 21 Jahre als Abgeordneter des Wahlkreises Mainz an (von 1977 bis 1998). In der Regierungszeit von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) stand Helmut Schäfer von 1987 bis 1998 als Staatsminister im Auswärtigen Amt an der Seite der Außenminister Hans-Dietrich Genscher und Klaus Kinkel (beide FDP).
Zuvor war Schäfer außenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Er vertrat die FDP in der Weltunion liberaler Parteien. Die Pflege der Ost-West-Beziehungen war Schwerpunkt der politischen Arbeit Helmut Schäfers. Er pflegte – seit seinem Studium der Amerikanistik – enge Beziehungen vor allem zu den USA. Aber auch zur Sowjetunion – nach einem ersten Besuch der Jungen Liberalen 1968 in der damaligen UdSSR sowie später als Vorsitzender der deutsch-sowjetischen Parlamentarischen Gesellschaft im Deutschen Bundestag.
Schon frühzeitig galt Schäfers besonderes Engagement dem wachsenden Nahostkonflikt, der Überwindung des Apartheidregimes in Südafrika und den Krisen in Lateinamerika. Zudem vertrat Schäfer die Bundesregierung auch im EU-Kulturministerrat.