Der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Eon-Konzerns, Johannes Teyssen, blickt mit Sorge auf die Zukunft des Industriestandorts Deutschland. "Wir werden eine schleichende und sich leise beschleunigende Deindustrialisierung erleben", sagte er dem "Handelsblatt" (Dienstagsausgabe). Die neue Bundesregierung müsse daher "aussprechen, dass Deutschland auf der Kippe steht".
Die Politik des Bundeskanzlers kritisiert Teyssen: "Olaf Scholz weigert sich, notwendige Prioritäten zu setzen, und will lieber nur neue Schulden machen."
Deutschland brauche grundlegende Reformen. Teyssen, der mittlerweile die Beteiligungsgesellschaft KKR als Senior Advisor berät, Verwaltungsratspräsident des Schweizer Stromproduzenten Alpiq ist und im Board des Ölkonzerns BP sitzt, spricht von einer "Entfesselungsagenda". Kein Mensch verstehe mehr "die ganzen Gesetze und Auflagen". Auch Unternehmen müssten wieder mehr ins Risiko gehen, ohne dass der Staat für alles Garantien übernehme.
Den deutschen Atomausstieg, der während seiner Zeit als Eon-Chef entschieden wurde, empfindet Teyssen als Fehler: "Laufende Atomkraftwerke abzuschalten, war und ist bekloppt." Trotzdem findet er Diskussionen um einen Wiedereinstieg in die Atomkraft in Deutschland unnötig: "Kein vernünftiger Mensch würde hier in Deutschland neue Atomkraftwerke bauen."