Endstation Flughafen: Wenn der Flieger nicht fliegt

ARAG Experten mit Tipps bei Flugverspätung, Annullierung, Überbuchung. Symbolfoto von Rita auf pixabay

Wer in den Urlaub fliegt, landet oft schnell wieder auf dem Boden der Tatsachen. Vor allem bei stundenlangen Verspätungen, wenn der Flug ausfällt oder die Maschine schlicht und einfach überbucht ist. Welche Rechte Fluggäste in solchen Fällen haben, welchen Anspruch auf Entschädigung und wie man den geltend machen kann, wissen die ARAG Experten.

Welche Entschädigung gibt es bei einer Flugverspätung?
Laut der Fluggastrechte-Verordnung der Europäischen Union (EU) hängt das von der Flugstrecke und der Verspätungsdauer ab. Kommt der Flieger mehr als drei Stunden zu spät an, hat man auf einer Kurzstrecke Anspruch auf 250 Euro Entschädigung. Bei Mittelstreckenflügen bis zu 3.500 Kilometer können Passagiere laut ARAG Experten bis zu 400 Euro zurückbekommen. Und bei Flügen über 3.500 Kilometer erhält man sogar 600 Euro.

Was steht Fluggästen in der Wartezeit am Flughafen zu?
Abhängig von der Flugstrecke und der Dauer der Abflugverspätung muss die Fluggesellschaft vor Ort für eine angemessene Verpflegung sorgen und es möglich machen, dass wartende oder gestrandete Passagiere zweimal kostenlos telefonieren können. Wenn die Wartezeit auf die nächste Flugverbindung sehr lange dauert, muss die Fluggesellschaft ein Hotelzimmer zum Über­nachten bereitstellen. Hier raten die ARAG Experten davon ab, sich auf eigene Faust eine Unterkunft zu suchen, sondern das Angebot der Airline anzunehmen, da man ansonsten auf den Kosten für das selbst gewählte Hotelzimmer sitzen bleiben könnte.

Und was man vielleicht ebenfalls wissen sollte: Bei einer Verspätung von mehr als fünf Stunden kann man als Passagier die Reise abbrechen. Dann hat man Anspruch auf eine Erstattung des Ticketpreises innerhalb von sieben Tagen und gegebenenfalls auf einen kostenlosen Rückflug zum Startflughafen.

Flug gestrichen – was nun?
Wird ein Flug von der Fluggesellschaft gestrichen, muss die Airline zunächst die Wahl zwischen diversen Möglichkeiten anbieten: Einen Flug, der zeitlich nah an der gebuchten Abflugzeit liegt. Auch in dem Fall muss die Airline für Versorgung, Möglichkeiten zur Telekommunikation und gegebenenfalls eine Unterkunft sorgen. Weitere Varianten wären laut ARAG Experten ein Flug zu einem späteren Datum oder die Erstattung des Ticketpreises. Daneben kann es eine – gegebenenfalls hälftig gekürzte – pauschale Ausgleichs­zahlung geben. Aber hier wird es oft kompliziert.

Wann ist ein Umstand außergewöhnlich?
Um Entschädigungszahlungen zu umgehen, berufen sich die Airlines in vielen Fällen auf außergewöhnliche Umstände. Aber nicht jeder Grund ist gerechtfertigt. Gerne angeführt, aber rechtlich nicht gültig, sind z. B. technische Probleme oder die Erkrankung eines Piloten. Auch das Wetter kann, muss aber kein außergewöhnlicher Umstand sein: Wird beispielsweise der Flug gecancelt, weil im Winter starker Schneefall in München herrscht, ist dies kein außergewöhnlicher Umstand und die Chancen auf eine Entschädigung sind groß. Liegen aber z. B. Unwetterwarnungen vor, mit denen im Normalfall nicht zu rechnen ist, muss wahrscheinlich keine Entschädigung gezahlt werden. Auch Personalmangel bei der Gepäckabfertigung am Flughafen und eine dadurch entstehende Verspätung des Fluges können ein außergewöhnlicher Umstand sein, so dass Passagieren nicht automatisch eine Entschädigung zusteht (Europäischer Gerichtshof (EuGH), Az.: C-405/23).

Wovon hängt die Ausgleichszahlung ab?
Ob man bei einer Flugstreichung eine Ausgleichszahlung erhält, ist davon abhängig, ob man rechtzeitig über die Annullierung informiert wurde und ob ein zeitnaher Alternativflug angeboten wurde. Erfahren Reisende erst am Flughafen von der Annullierung und dem Ersatzflug, sind in der Regel Ausgleichszahlungen drin. Um für die Forderung und gegebenenfalls Einsprüche seitens der Fluggesellschaft vorbereitet zu sein, raten die ARAG Experten, die Anzeigetafel am Flughafen zu fotografieren, um alles zu dokumentieren. Auch Zeugen, die die Flugstreichung bestätigen, sind hilfreich.

Flug überbucht: Sind Gutscheine die Lösung?
Bei überbuchten Flügen und Angeboten der Kompensation raten die ARAG Experten zur Vorsicht. Denn ob Gutschein oder Bargeld für einen späteren Flug – wer solch ein Angebot der Airline annimmt, stimmt automatisch auch einem freiwilligen Beförderungsverzicht zu. Damit ist dann eine spätere finanzielle Entschädigung ausgeschlossen.

Nur wer das Angebot nicht annimmt, hat später dieselben Anrechte auf alternative Angebote, Rücktritt, angemessene Verpflegung und finanzielle Entschädigung wie bei einer Verspätung oder einem Ausfall des Fluges.

Übrigens: Die ARAG Experten weisen darauf hin, dass Fluggastrechte bei Verspätungen oder Annullierungen noch bis zu drei Jahre später geltend gemacht werden können.

Was gilt bei einem Flughafenstreik?
Ein Streik ist rein rechtlich höhere Gewalt – zumindest dann, wenn Beschäftigte des öffentlichen Dienstes streiken. Streiken allerdings die Piloten oder die Airline-Angestellten, hat man laut einer Entscheidung des EuGH durchaus Anspruch auf Entschädigung (Az.: C-28/20). Streikt das Personal des öffentlichen Dienstes, müssen die Airlines bei internationalen Flügen allerdings versuchen, einen anderen Flug zum gebuchten Zielort zu besorgen.

Das kann laut ARAG Experten aber bedeuten, dass Passagiere auch einen Umweg und Zwischenstopp in Kauf nehmen müssen oder dass sie auf andere Fluggesellschaften umgebucht werden, sofern dort noch Plätze frei sind. Bei bestreikten innerdeutschen Flügen können Passagiere zudem auf Züge der Deutschen Bahn umsteigen. Die Tickets können am Check-in-Automaten in einen Reisegutschein umgewandelt werden.

Wie kann man seine Fluggastrechte durchsetzen?
Um Fluggastrechte gegenüber der Fluggesellschaft durchzusetzen, haben Passagiere drei Möglichkeiten: Den Gang zum Anwalt, die Beauftragung eines auf Fluggastrechte spezialisierten privaten Unternehmens und den Gang zu einer öffentlichen Schlichtungsstelle.

Der Gang zum Rechtsanwalt ist auch bei der Durchsetzung von Fluggastrechten der Klassiker – der allerdings zunächst mit Kosten verbunden ist: Das Honorar für einen Juristen bezahlen Betroffene selbst. Erst nach einem erfolgreichen Gerichtsverfahren muss die Gegenseite diese Kosten zusätzlich zur Entschädigung zurückzahlen. Sollten Kläger vor Gericht unterliegen, bleiben sie auf den Kosten sitzen.

Wer kein Risiko eingehen will, kann ein privates Unternehmen für das Einfordern seiner Rechte beauftragen. Private Dienstleister vertreten Reisende gegenüber den Airlines – und falls die Klage scheitert, tragen sie die Kosten für das Verfahren. Allerdings übernehmen private Inkassodienste gerne nur Erfolg versprechende Fälle. Die Bezahlung erfolgt in der Regel auf Provisionsbasis, prozentual zur ausgezahlten Entschädigung.

Eine öffentliche Schlichtungsstelle ist kostenlos und bietet Fluggästen die Chance auf eine Entschädigungszahlung ohne Abzüge. Voraussetzung: Reisende müssen zunächst versuchen, ihre Ansprüche direkt bei der Fluggesellschaft geltend zu machen. Gelangen sie daraufhin zwei Monate lang nicht zu einem zufriedenstellenden Ergebnis, können sie sich an die Schlichtungsstelle wenden.

Die Schlichtung ist ein freiwilliges Verfahren beider Parteien. Das Ergebnis ist rechtlich nicht bindend. Wenn eine der beiden Seiten unzufrieden ist, kann sie noch immer ein Zivilverfahren anstrengen. Die ARAG Experten weisen zudem darauf hin, dass die Schlichtungsstelle nicht den Auftrag hat, die Ansprüche der Fluggäste zu vertreten. Sie arbeitet neutral und kann daher auch zu einem für Fluggäste ungünstigen Urteil kommen.

Wichtige Unterlagen aufbewahren
Egal, welchen Weg man wählt, die ARAG Experten raten, alle Unterlagen aufzubewahren, die mit den Unannehmlichkeiten zusammenhängen: Von der Buchungsbestätigung bis hin zu Restaurant- oder Hotelquittungen müssen Reisende alle Kosten dokumentieren, um ihre Fluggastrechte durchzusetzen.

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