Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, sieht die russische Invasion in die Ukraine und den Angriff der Hamas auf Israel als "Zerreißprobe" für die christliche Friedensethik.
"Die gegenwärtigen Konflikte führen schmerzlich vor Augen, dass zum Schutz der Menschenwürde als Ultima Ratio auch der Einsatz von Gewalt gerechtfertigt sein kann, wenn diese dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht", schreibt der Limburger Bischof in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Rundschau".
"Bedeutet dies, dass wir die friedensethischen Grundlagen der christlichen Botschaft, insbesondere das Gebot der Feindesliebe über Bord werfen? Ich meine nicht", so Bätzing. "Dass sich in der Ukraine und anderswo Menschen - oftmals unter höchstem persönlichem Risiko - zum gewaltfreien Widerstand entschließen, ist bewundernswert; eine solche Haltung angesichts eines akuten Angriffskriegs einzufordern zu wollen, wäre allerdings in höchstem Maße zynisch."
Bätzing spricht von "friedensethischen Dilemmata": "Einerseits widerstrebt uns der Einsatz von Waffengewalt; sie nicht einzusetzen, würde allerdings den sicheren Tod unschuldiger Menschen bedeuten. Dilemmata erlauben keine einfachen Lösungen. Wer das Gegenteil weismachen will, der überführt sich selbst des Populismus. Echter Friede kann weder von oben herab diktiert noch mit Waffengewalt erzwungen werden."
Bätzing ist seit 2016 Bischof von Limburg.
Seit 2020 amtiert er auch als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz.